Gewalt und Heldentum
Das Phänomen der Gewalt, verstanden als vorsätzlicher Übergriff auf den Körper eines anderen gegen dessen Willen, findet sich in zahlreichen Heldenerzählungen. Zwar ist Gewalthandeln keine konstituierende Bedingung für die Konstruktion von Helden, wohl aber deren häufiger Begleiter. Gewalt zwingt die Beteiligten, sich zur ihr zu verhalten und zu positionieren – Täter wie Opfer, Beteiligte wie Beistehende, Zeitgenossen wie Nachkommende. Es gibt wohl keine Gleichgültigkeit gegenüber der Gewalt und ihren Akteuren: Gewalt muss gerechtfertigt werden oder verdammt, sie muss erzählt werden oder verschwiegen.
Als eine Machtaktion (Popitz) ruft Gewalt nach ihrer Legitimierung. Das Heroische bildet mit den Begriffen „Gewalt“ und „Legitimität“ ein Spannungsfeld, in welchem sich Fragen nach wechselseitigen Abhängigkeiten stellen. Dieses Spannungsfeld ist nur in der Perspektive der longue durée angemessen zu erfassen. Gewaltkonstellationen können sich im Lauf der Geschichte wiederholen, gleichzeitig ist stets die Einzigartigkeit von individuellen und kollektiven Gewalterfahrungen im Blick zu behalten. Sowohl die Legitimierung der gewaltsamen Heldentat als auch die Etablierung eines heroischen Opferstatus hängen von den jeweiligen Publika und Verehrergemeinden ab, deren ethische Maßstäbe synchroner Normenkonkurrenz und diachronem Normenwandel unterliegen.
Die Tagung „Gewalt und Heldentum“ widmet sich dem Geflecht von Phänomenen physischer Gewalt, ihrer Legitimierung und dem Heroischen. Sozialwissenschaftliche Perspektivierungen werden historischen Untersuchungen gegenübergestellt und Wertesysteme und gesellschaftliche Ordnungen mit dem Heroischen in Bezug gesetzt.
Organisiert von der Verbundsarbeitsgruppe 8 „Gewalt“ des SFB 948.