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Stefan Schubert


Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Teilprojekt D7

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Hebelstraße 25, Raum 02 006
79104 Freiburg
Tel.: 0761-203 67608

stefan.schubert@sfb948.uni-freiburg.de


Dissertationsprojekt

Das massenhafte Sterben und das anonymisierte Töten während des Ersten Weltkriegs stellte traditionelle Vorstellungen vom heroischen Kampf Mann gegen Mann bereits nach den ersten Kriegsmonaten massiv in Frage. Althergebrachte Heldenvorstellungen unterlagen einem Wandel und verbanden sich dabei mit neuartigen Führerfiguren, die die Anforderungen des modernen Krieges zu personifizieren schienen und zugleich politische Ambitionen verknüpften: Paul von Hindenburg und Philippe Pétain waren nur zwei Generäle, die von dieser Entwicklung profitierten. Diese neuen „nationalen Retter“ konnten während des Krieges von einem sukzessiv ausgebauten Propagandaapparat profitieren, der die Bedingungen der Massenkommunikation in den Kriegsgesellschaften grundlegend veränderte. Die Manipulation der öffentlichen Meinung hatte Anteil an der Bildung von besonderen Heldennarrativen, die die Zwischenkriegszeit in spezifischer Weise prägten und ohne die sich die Durchsetzung totalitärer Ordnungsmodelle nicht angemessen verstehen lässt.

Das Dissertationsprojekt fragt vor diesem Hintergrund nach dem Zusammenhang zwischen militärischem Heldentum und politischer Legitimation im Zeitalter der ideologischen Extreme und danach, wie sich das Verhältnis zwischen den Helden des Krieges und den Friedenszeiten der Nachkriegsjahre gestaltete. An Paul von Hindenburg in Deutschland und Philippe Pétain in Frankreich wird die Verbindung zwischen der Heroisierung im Krieg und der Übersetzung dieses außergewöhnlichen Reputationskapitals in ein politisches Amt in Zeiten der politischen und gesellschaftlichen Krisen exemplarisch deutlich. Beide Figuren wurden trotz offensichtlicher Ähnlichkeiten – eine traditionelle militärische Karriere, die Erfahrungen im Ersten Weltkrieg und der Wandel vom militärisch-nationalen Retterhelden zum Inhaber des höchsten politischen Amtes – bisher kaum vergleichend untersucht. Dabei verspricht ein solcher Vergleich jedoch über nationale Grenzen hinausgehende Einblicke in die unter neuen Voraussetzungen stattfindenden Heroisierungsprozesse sowie in den Zusammenhang zwischen Kriegscharisma und politischer Herrschaft in der ideologisch aufgeladenen Zwischenkriegszeit.
Diese Einblicke sollen anhand eines Vergleichs über vier Themenfeldern aufgezeigt werden: I. das Verhältnis von Selbst- und Fremdheroisierung, das heißt vor allem die Frage nach der bewussten Inszenierung von Hindenburgs und Pétains als Helden durch sich selbst oder durch andere Personen; II. die z. T. kritische Konstruktion und Dekonstruktion beider Heldenfiguren in der Öffentlichkeit und die damit verknüpften ideologischen Deutungskämpfe der deutschen und französischen Gesellschaft; III. die geschichtspolitische Ebene unter besonderer Berücksichtigung der Darstellung in den Schulbüchern; IV. die Massenmedialisierung und der Einfluss von den neuen Medien Radio und Film, die als wichtige Katalysatoren der Massenmedien betrachtet werden.

In einem weiteren Sinne wird nach den Voraussetzungen für die Durchsetzung von neuartigen Ordnungsmodellen im Zeitalter der ideologischen Extreme und der totalen Kriege gefragt. Hindenburg wie Pétain stellten für die Zeitgenossen herausragende Orientierungsfiguren dar, in denen sich ältere Vorstellungen von kriegerischem Heldentum mit neuen Heraus-forderungen verbanden. Beide waren in den unterschiedlichen und dennoch miteinander verflochtenen Kontexten von 1918 und 1940 mit tiefgreifenden Niederlagen konfrontiert. Zugleich stellten sie Übergangsfiguren dar, ohne die sich die ihnen nachfolgenden politischen Führer nicht verstehen ließen: Sowohl Hitlers heroische Kontinuitätsstilisierung als auch de Gaulles Distanzierung und ganz anders konnotierte Selbstheroisierung nach 1940 wird ohne diese Perspektive nicht verständlich.
 

Akademischer Lebenslauf

2009 - 2012 Studium der Europäischen Geschichte an der
Technischen Universität Chemnitz, Abschluss Bachelor of Arts
   
2013 - 2015 Studium der Vergleichenden Geschichte der
Neuzeit, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Abschluss Master of Arts
2013 - 2015 Mitarbeit am deutsch-französischen
Forschungsprojekt: "Die Höhe 108" in Berry-au-Bac: Kriegs- und Heimatfront zwischen Nationalgeschichte und europäischer Erinnerung
seit April 2016 Doktorand am Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte Westeuropas an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
seit Juli 2016 Wissenschaftlicher Mitarbeiter am SFB 948
- Helden, Heroisierung, Heroismen (Teilprojekt D7)
Anmeldung
Der interne Bereich finden Sie nun auf der Teamplattform des SFB 948. Hinweise zum Login und zur Bedienung der Teamplattform finden Sie in diesem Dokument.