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Isabell Oberle


   

Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Teilprojekt D6

Kontakt

KG III, Raum 3212
Tel.: 0761-203 3478

isabell.oberle@sfb948.uni-freiburg.de


Dissertationsprojekt „Heroischer Attentismus. Wartende Helden in der europäischen Dramatik der Zwischenkriegszeit“

Vor dem Hintergrund eines andauernden Stellungskrieges, der zumal an der Westfront horrende Opferzahlen bei nur unwesentlichen Gebietsgewinnen forderte, wurde das ‚Durchhalten‘ zu einem der zentralen Schlagworte der Kriegspropaganda im Ersten Weltkrieg. Der Appell, die Stellung zu halten, richtete sich sowohl an die Kämpfenden an der militärischen Front als auch an die Daheimgebliebenen an der Heimatfront. Maßgeblich für dieses Durchhalte-Narrativ war ein spezifischer Heroismus, der als eine Form der Legitimation und der Sinnstiftung betrachtet werden kann. Das vorliegende Dissertationsprojekt nimmt an dieser Beobachtung seinen Ausgangspunkt und analysiert in einem ersten Schritt die Etablierung und Entwicklung der heroisierten Durchhalte-Narrative in publizistischen wie essayistischen Texten während der Kriegsjahre. Im Zentrum des Forschungsprojektes stehen Dramentexte der späten Kriegsjahre und der Zwischenkriegszeit, die das Motiv des heroisierten Durchhaltens aufgreifen und gattungsspezifisch verarbeiten. Qua mimetischer Darstellung lässt das Drama die Zuschauer an den Formen des Ausharrens und Aushaltens partizipieren und macht die spezifischen Raum- und Zeiterfahrungen des Krieges – konstitutiv für das Phänomen des Durchhaltens – unmittelbar erfahrbar. Die mimetische Nachahmung einer Handlung und damit ihre Vergegenwärtigung auf der Bühne eröffnet mithin die Möglichkeit, unterschiedliche Handlungsmodelle vorzuführen und Implikationen des Durchhaltens als Sonderform des Handelns performativ auszuloten.

Das vorliegende Dissertationsvorhaben geht von einem dreistufigen diachronen Modell aus. An erster Stelle stehen die heroisierten Durchhalte-Narrative in Publizistik und Essayistik in Deutschland, Österreich-Ungarn, Frankreich und Großbritannien – den Ländern, die am meisten vom Stellungskrieg betroffen waren – zwischen 1914 und 1918. Die Bearbeitung des Motivs des heroisierten Durchhaltens in Dramentexten jener Kulturräume fußt auf diesem Diskurs. Die zweite Stufe bilden sodann Dramen, die sich konkret mit der Kriegserfahrung auseinandersetzen und einen Reflexionsraum für das heroisierte Durchhalte-Narrativ eröffnen. Dazu zählen Frontstücke, Heimkehrerdramen sowie Schauspiele, die die Daheimgebliebenen vorstellen. In einem dritten und letzten Schritt schließlich lässt sich, so die Arbeitshypothese, eine Verselbstständigung dieses Diskursmodells beobachten: Konstellationen heroisierten Durchhaltens finden sich nach wie vor im Dramentext, doch bildet nicht mehr der Erste Weltkrieg den unmittelbaren Bezugsrahmen. Stattdessen wird die Dramenhandlung in eine andere Zeit und/oder an einen anderen Ort verlagert. Das geplante Dissertationsprojekt nimmt sich zum Ziel, diese Entwicklungslinie nachzuzeichnen und vor diesem Hintergrund zeitgenössische Vorstellungen des Heroischen, beispielsweise hinsichtlich Handlungs- und Geschichtsmacht, zu konturieren.

Das für die Studie zentrale Spannungsfeld ergibt sich aus dem Verhältnis von der heroischen Figur als starkem Handlungszentrum auf der einen Seite und der nahezu vollständigen Handlungsohnmacht der Dramenfiguren auf der anderen Seite. Das für das Heroische wesentliche agonale Moment wird zurückgenommen, woraus schließlich eine Verinnerung des Heroischen geschlussfolgert werden kann. Auch gewinnt die Kategorie des Opfers, sowohl im Sinne von ‚sacrifice‘ als auch von ‚victim‘, eine enorme Bedeutung. Die Heroisierung wiederum kann dabei verstanden werden als eine Strategie, den passiven Opferstatus zu überwinden und in einen souveränen Akt zu überführen.

 

Akademischer Lebenslauf

seit 10/2017 Doktorandin und wissenschaftliche Mitarbeiterin im SFB 948, Teilprojekt D6
04/2017 – 09/2017 Assistenzvertretung und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Neuere deutsche Literatur (Prof. Aurnhammer) an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
   
2011 – 2017
Wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für romanische Linguistik (Prof. Pfänder), am Institut für romanische Literaturwissenschaft (Prof. Klinkert) sowie am Institut für Neuere Deutsche Literatur (Prof. Aurnhammer) an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
2014 – 2017 Stipendiatin der Studienstiftung des deutschen Volkes
2014 – 2017 M.A. in Europäische Literaturen und Kulturen an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
2012 Studienaufenthalt an der Université de La Réunion
2010 – 2014 B.A. in Romanistik (HF) und Neuere Deutsche Literatur (NF) an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Anmeldung
Der interne Bereich finden Sie nun auf der Teamplattform des SFB 948. Hinweise zum Login und zur Bedienung der Teamplattform finden Sie in diesem Dokument.