Zurück zur Startseite

Dr. Reinhard Nachtigal


 

SFB-Projekt:
Nationalheld und Volksheld: Aleksandr Suvorov und Emel’jan Pugačev vom 18. bis zum frühen 20. Jahrhundert

Das Teilprojekt untersucht anhand zweier heroischer Personalfigurationen die Konjunkturen von unterschiedlichen Modellen des Heroischen in Russland. Der Feldherr Aleksandr V. Suvorov (1729-1800) war schon zu Lebzeiten ein Kriegsheld. Als russischer Nationalheld eignete er sich bisher für alle politischen Systeme in Russland bis in die postsowjetische Zeit. Er verkörpert die russische Kriegskunst, glänzende Siege, militärisches Genie, Größe und Macht des Imperiums. Neben seinem Alpenzug im Herbst 1799 gilt als seine größte militärische Leistung, dass er nie eine Schlacht verloren hat. Der Donkosak Emel’jan Pugačev (1742-1775) verkörpert einen anderen Heldentyp: Er war ein Volksheld und bis 1917 in der staatlichen Perspektive eine Unperson, der eine Rebellion angezettelt und sich als der ermordete Zar Peter III. ausgegeben hatte. Trotz staatlicher Zensur erfuhr er aber eine Heroisierung durch Kosaken, Bauern, aber auch Teile der russischen Intelligenz. Den Konstruktionskontext dafür bildeten idealisierte Traditionen kosakischen Lebens, Vorstellungen von der Wiederkehr des gerechten Zaren und die Verteidigung des wahren Glaubens. Gerade auch die intellektuelle Auseinandersetzung mit Pugačev umfasste Heroisierungsprozesse.

Das Teilprojekt will zeigen, über welche unterschiedlichen Wege im Zarenreich und in der frühen Sowjetunion Helden in Abhängigkeit der sich wandelnden politischen Konstellationen kanonisiert und als Modelle figuriert wurden, und welche sozialen und kulturellen Reichweiten das Heroische dabei entfaltete. Methodisch wird dabei auf lebensweltliche Bedingungen, Kommunikation, Medialisierung und Praktiken der Heroisierung und des Heroismus fokussiert. Auf das Heroische bezogen bedeutet das, dass sich unterschiedliche Sozialfigurationen ihren eigenen Figurationstypus konstruierten, auf den sie ihre Werte und Vorstellungen projizierten und die dem Helden zugeschriebenen Eigenschaften und Handlungsmuster reproduzierten.

Der lebensweltliche Ansatz erscheint gewinnbringend bei beiden historischen Personen. Kommunikationsgeschichtlich wurde der Pugačev-Aufstand ansatzweise untersucht, nachdem Pugačev versuchte, sich selbst zu heroisieren. Heroisierungen funktionieren über Medien. Daher soll bei den Heroisierungsprozessen untersucht werden, welche Medien auf welche Weise die Heroisierung transportierten: Texte, Bilder, Denkmäler, Lieder, literarische Werke, später auch Bühnenwerke und Filme. Die Transformationen des Heroischen und ihre Funktionen für die Zeitgenossen sollen systematisch erfasst und verglichen werden.

Anmeldung
Der interne Bereich finden Sie nun auf der Teamplattform des SFB 948. Hinweise zum Login und zur Bedienung der Teamplattform finden Sie in diesem Dokument.